Flüchtlingsarbeit & Jugendhilfe – Soziale Arbeit neu herausgefordert.

Jeder 2. Flüchtling ist ein Kind. Aber wo genau kommt die Jugendhilfe in Berührung mit dem Thema? Fachleute haben schnell das Kürzel UMF im Kopf. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Wenn das Kind oder der Jugendliche keine Angehörigen hat, braucht es einen Vormund und eine Unterbringung. In NRW kommen jährlich 3.700 unbegleitete Kinder und Jugendliche an und die Tendenz ist steigend. Aber nicht nur sie gehören unter das Dach der Jugendhilfe, sondern auch Flüchtlingsfamilien, die einen jugendhilfespezifischen Bedarf haben. Alle Familien, die Hilfen der Erziehung benötigen, können im Rahmen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, SGB VIII, betreut werden.

Dazu gehören folgende Dienste und Einrichtungen:

  • Ambulante Erziehungshilfe/familienunterstützende Dienste
  • Schwangerschaftsberatung
  • Erziehungsberatung
  • Stationäre Einrichtungen
  • Jugendwohnen
  • Kitas
  • Offene Ganztagsschulen
  • Vormundschaft / Pflegschaft /Adoption

Diese Einrichtungen und Dienste haben sich, nicht erst seit den Erkenntnissen des 14. Kinder- und Jugendberichts, darauf ausgerichtet besonders Familien in Notsituationen und aus einkommensschwachen Haushalten zu helfen, da hier der höchste Bedarf an Hilfen zur Erziehung ist. Bei den Neuankommenden geht es aber häufig um andere Probleme: Sprache, Traumata, Dolmetscher, schulpflichtige Kinder.

Neue Herausforderungen

Die Menschen, die aus Ländern wie Syrien, Irak, Eritrea, Somalia und Nigeria zu uns kommen, leiden nicht zwingend an psycho-sozialen Problemen.

Maria Kurz-Adam hat in der Ausgabe 1 – 2015 der Fachzeitung Dialog Erziehungshilfe einen Beitrag mit der Überschrift „Wie sich Soziale Arbeit in der Flüchtlingsarbeit neu erfinden muss“ geschrieben. Sie schreibt den Beitrag aus Sicht des Stadtjugendamtes Bayern, da allein die Stadt München im vergangenen Sommer bis zu 400 Flüchtlinge erreichten.

Maria Kurz – Adam führt aus, dass die Kinder- und Jugendhilfe nun stellenweise gefordert ist, „ihre rechtlichen und professionellen Standards aufzugeben“, damit unmittelbare Hilfe gewährleistet werden kann. Das gilt beispielsweise auch im frühpädagogischen Bereich, wo Betreuungsangebote unterhalb der üblichen Gesetzgebung passieren muss. Andererseits ist aber auch festzustellen, so die Mitarbeitenden in den Heimen der Erziehungshilfe etwa, dass die Kinder und Jugendlichen hoch motiviert sind und zielstrebig sowie leistungsorientiert unbedingt lernen und weiter kommen wollen. Sie ziehen auf diese Weise die anderen Kinder und Jugendlichen mit.

Kürzlich erlebte ich beim Abend der 23.000 Glockenschläge in Köln einen Familienvater, der aus Syrien stammte, mit seiner 17jährigen Tochter, die innerhalb von fünf Monaten fließend Deutsch gelernt hatte.

Es ist erfreulich, dass alle Akteure sich zusammen tun und in einem großen Akt der Solidarität bürokratische Hürden überwinden. Wo ein Wille scheint ein Weg zu sein.

  • Spielgruppen und niedrigschwellige Angebote im frühkindlichen Bereich entstehen
  • Altergrenzen werden von 16 auf 18 Jahre angehoben
  • Spezielle Fachberatungen werden eingerichtet
  • Traumaspezialisten werden gefördert

„Die Krise in der Flüchtlingsarbeit ist auch eine Aufforderung zur Reflexion über ein Ursprungsszenario Sozialer Arbeit, deren Kern die ständige Forderung nach Gerechtigkeit nach Emotionalität und Zuwendung zu den Armen und Rechtlosen, nach unmittelbarem Miteinander, nach unmittelbarer Bildung pädagogischer Kraft darstellt.“

„Eine Idee entfaltet hier wieder Kraft: die Idee des Kinder- und Jugendhilfegesetzes einer Zusammenarbeit von öffentlicher und freier Sozialer Praxis, wie sie im Auftrag der Arbeitsgemeinschaften und die des Kinder- und Jugendhilfeausschusses eben auch eingeschrieben ist.“

Ich möchte ergänzen: Gerade weil die Kinder und Jugendhilfe so hohe Standards hat, ist sie bestmöglich darauf vorbereitet jetzt innerhalb ihrer Strukturen den gewohnten Weg für Kinder und Jugendliche zu nehmen, ohne allzuviel ändern zu müssen. Ein bewährtes System, das dazu beitragen wird, dass die jetzt Dazukommenden zukünftig als gut ausgebildete Erwachsene ihren Weg in die Gesellschaft machen werden.

Weiterführende Informationen, die in Zusammenarbeit mit Vertreter/innen der Freien Wohlfahrtspflege in NRW entstanden sind, sind hier zu finden.

Ein Kommentar zu “Flüchtlingsarbeit & Jugendhilfe – Soziale Arbeit neu herausgefordert.

  1. Hat dies auf mampel´s welt rebloggt und kommentierte:
    „Die Krise in der Flüchtlingsarbeit ist auch eine Aufforderung zur Reflexion über ein Ursprungsszenario Sozialer Arbeit, deren Kern die ständige Forderung nach Gerechtigkeit nach Emotionalität und Zuwendung zu den Armen und Rechtlosen, nach unmittelbarem Miteinander, nach unmittelbarer Bildung pädagogischer Kraft darstellt.”

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