Gesellschaft 4.0 – Wie wollen wir leben? (nach der Disruption)

Der Begriff  „Disruption“ leitet sich von dem englischen Wort „disrupt“ (zerstören, unterbrechen) ab und beschreibt einen Vorgang, der vor allem mit dem Umbruch der Digitalwirtschaft in Zusammenhang gebracht wird. Bestehende traditionelle Geschäftsmodelle, Produkte, Technologien oder Dienstleistungen werden immer wieder von innovativen Erneuerungen abgelöst und teilweise vollständig verdrängt.

Eine disruptive Innovation erneuert nicht nur bestehende Strukturen und entwickelt sie weiter, sondern sie bewirkt eine komplette Umstrukturierung beziehungsweise Zerschlagung des bestehenden Modells. (Quelle: Gründerszene)

Das Phänomen der Disruption wirbelt unsere geordneten Strukturen, Prozesse und Organisationen gerade ganz schön durcheinander und wer im Spiel bleiben will, kann auch nicht umhin, sich auf die revolutionäre Denkweise einzulassen und in Frage zu stellen, was bislang richtig schien.

Politisch scheint das, was geschieht, noch kaum begriffen zu sein, denn dort wird mit alten Denkmodellen wie Industriepolitik oder Sozialismus gekämpft. Im Hintergrund läuft eine technisch-ökonomische Revolution ab, die weitreichende Auswirkungen auf unser Zusammenleben haben wird. Deren Folgen bleiben in Deutschland weitgehend ignoriert.

Gleichzeitig wackeln auch andere Grundfesten unserer Gesellschaft. Das Friedens- und Freiheitsprojekt Europa zerfällt, den Kirchen wird ein erheblicher Mitgliederschwund prognostiziert und der gesellschaftliche Zusammenhalt ist mehr denn je durch steigende Armut gefährdet.

Menschen protestieren.

Menschen protestieren. Aber nicht gegen sondern für eine zukunftsfähige Gesellschaft.

Einfach so weiter machen geht nicht mehr.

Frischer Wind muss durch die heiligen Hallen. Erneuerung ist angesagt.

Ein Hauch der 70er Jahre scheint zurückgekehrt zu sein.

Vielleicht auch, weil unerledigte Hausaufgaben wie Sexualmoral, Umweltfragen, Feminismus und zweites vatikanisches Konzil einfach nicht gemacht wurden.

Die Menschen gehen knapp 50 Jahre später wieder für die gleichen Fragen auf die Straße. Das zeigen Protestbewegungen wie

Fridays for Future, 

Maria 2.0, und 

Wir sind mehr.

In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

So weiter machen wie bisher, kann also nicht mehr die Antwort sein.

Erneuerung ist angesagt.

Es geht längst nicht mehr nur um das Label Innovation, das man irgendwo drauf klebt, um Förderungen zu erhalten.

Es geht um eine grundsätzliche Neuausrichtung unseres Denkens und Handels, ja, unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens.

Die Pionierzeiten sind vorbei. Es geht um die komplizierte und gleichzeitig auch schlichte Frage:

In welcher Gesellschaft wollen wir denn zukünftig leben?

Dafür braucht es einen Diskurs.

Wir müssen die alten Restfragen der 70er schnellstens lösen, denn sie behindern das Nachvornedenken.

Wir brauchen zukunftsgerichtete Kirchen und Sozialakteure, die gesellschaftliche Nöte in Angriff nehmen und ethische Fragen beantworten.

Ökologische Fragen sind längst nicht mehr nur Fragen des Naturschutzes, sie sind Fragen des guten Zusammenlebens, der Bildung und der sozialen Teilhabe.

 

 

 

 

2 Kommentare zu „Gesellschaft 4.0 – Wie wollen wir leben? (nach der Disruption)

  1. Dass der Weiberaufstand in Münster einen Pfeiler stehen hat, ist ja auch irgendwie witzig, wenn man bedenkt, dass es immer noch in manchen Kreisen heißt „scharz, Münster, Paderborn“. Die Dinge ändern sich.
    Mich ermutigt, dass es Ungeplantes gibt, dass wirklich wirksam ist. Der in dieser Woche stattfindende Kirchenstreik ist ja nicht von oben nach unten oder unten nach oben organisiert worden. Frauen haben an ihren Orten auf ihre Weise das Heft in die Hand genommen, das die Damen aus Münster mit Maria 2.0 ihnen gereicht haben, und organisieren sich auf ihre Weise: vielfältig, sehr persönlich und damit kaum überprüfbar. Wenn Disruption Energien freisetzt, kommt sie nicht mehr wie ein Drohung bei uns an, … eher wirkmächtig.

    Danke, Frau Depew, für diesen wieder mal inspirierenden Denkanstoß.

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