Mit Spirit durch die Pandemie.

Sonnenaufgänge, tiefblaues Meer, weisser Sandstrand. Diesen Anblick erleben Mitarbeiter*innen und Patient*innen im Caritas Westfalenhaus, unserer Mutter-Kind-Klinik am Timmendorfer Strand, tagaus tagein.

Ein schöner Arbeitsplatz. Eine traumhafte Umgebung, um sich zu erholen. 

Damit das gelingt, sind viele Kräfte am Werk. Wenn ich die Hauswirtschaft um halb zehn auf einen Kaffee treffe, um mal in die Organisation rein zu hören, haben viele schon ihre erste Schicht hinter sich. Die Nachtschwester ist lange nach Hause gegangen. Die Kinder der Patientinnen tollen durch den Garten, die Mütter sind in ihren Anwendungen verschwunden.

Die Verwaltung öffnet den Empfang, um Patient*innen zu beraten und Wäschemarken auszugeben. Die Belastung hat für viele Mütter extrem zugenommen: Homeschooling und Homeoffice auf beengtem Wohnraum hat viele Familien gefordert, belastet, an die Grenzen der Erschöpfung oder darüber hinaus gebracht.

Natürlich haben auch Mitarbeiter*innen Ängste, sich anzustecken. Die Hygienebelastungen, Testungen und immer neuen Erlasse zügig umzusetzen, belasten. Zwei Tage in der Spülstraße haben mir gezeigt, was es heißt, diese Arbeit mit Schutzmaske zu tun.

Was trägt, ist ein Team, das weiß, worauf es ankommt, gute Leitungskräfte, eine hohe Identität mit dem Auftrag. Eine kleine Kapelle im Obergeschoss der alten Villa ist liebevoll für Kinder und Erwachsene eingerichtet und lädt zu einer kleinen Auszeit ein.

Ein solches Haus durch die Pandemie zu führen, ist eine Herausforderung. Es offen zu halten, um den Auftrag zu erfüllen, ist das Gebot der Stunde. Not sehen und handeln. Damit das gelingt, braucht es politische Unterstützung wie den Rettungsschirm, aber wir sind auch auf Spenden angewiesen.

Durch die Benefizaktion Hand in Hand für Norddeutschland können wir Müttern und ihren Kindern, die während der Kur auf manches Angebot verzichten müssen, Alternativen bieten: neue Spielzeuge für den Garten anschaffen, einen Grillplatz einrichten, einen Kräutergarten anlegen. Eine Erbschaft erlaubt uns, ab Herbst die digitale Schule umzusetzen und damit Kindern unserer Patient*innen zu helfen, bei denen unzureichende Beschulung während der Pandemie Bildungslücken verursacht hat.

Danke allen Freund*innen und Förderern, die in der Not helfen und den Geist mit leben.

Den Caritasspirit eben. 

Die Maria im Caritas Westfalenhaus – im Hintergrund die Lübecker Bucht.

Adieu Hierarchie, hallo Netzwerk!

Netzwerke sind Strukturen.

Netzwerke sind Organisationsformen.

Werden Netzwerke unsere traditionellen, hierarchischen Strukturen ablösen?

Warum Netzwerke?

In der Informatik ist ein Netzwerk der Verbund verschiedener Rechner zum Zwecke der Kommunikation.

Und tatsächlich ist es die digitale Verbindung weltweiter Knotenpunkte, die die Entstehung neuer Unternehmensformen und -kulturen fördert.

Denn nicht nur Informationen verknüpfen sich neu, auch Wissen wird neu verknüpft und geteilt. Dadurch entstehen neue Kooperationsmöglichkeiten, das fördert neue Geschäftsfelder und ehe wir uns versehen, hat das geschlossene System bzw. Unternehmen an Bedeutung verloren und die globale Vernetzung Fahrt aufgenommen.

„Eine gelebte Vernetzungskultur bedeutet einen klaren Vorteil gegenüber Unternehmen mit konventioneller Orientierung.“ schreibt Ulrich Weinberg in Networkthinking.

Netzwerke sind aus meiner Sicht aber auch eine adäquate Struktur, um auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren. Die Erfahrungen der Pandemie lehren, die Bedeutung der übergreifenden Zusammenarbeit.

Entscheidend wird sein wie gut es uns gelingt, die festgelegten Grenzen im Denken zu überwinden, Fachdisziplinen, Abteilungen, Spezialisten und Experten aus der Abschottung zu holen.

Ulrich Weinberg in Networkthinking

Aktuell habe ich die Gelegenheit, wirkungsvolle Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen, nicht nur zu beobachten, sondern auch zu gestalten: auf Einrichtungsebene, Verbandsebene und auf Landesebene.

Dabei stelle ich fest, dass, weil wir beständig vor neuen Herausforderungen stehen, es viel Sinn macht, die vorhandenen Expertisen und die anstehenden Aufgaben zu verknüpfen. Gleichzeitig lohnt es sich, Verantwortung zu teilen.

Selbstorganisiertes Arbeiten.

Meine These ist, dass Netzwerksysteme dann erfolgversprechend sind, wenn sie weitesgehend selbstorganisiert arbeiten können.

Das führt zu der Frage, was fördert und was behindert selbstorganisiertes Arbeiten?

In der Selbstorganisation ist Eigenmotivation der zentrale Treiber. Nicht Vorgaben von oben, sondern kollegial miteinander erstellte Vereinbarungen über die Art und Weise der Zusammenarbeit bestimmen das Vorgehen. Dies geschieht in einer Wertewelt aus Vertrauen, Heiterkeit, Transparenz, Verlässlichkeit und Commitment.

Business Wissen

Wo solche Regeln und Normen gelebt werden, haben strenge Rangordnungen und Hierarchien wenig Platz. Es ist davon auszugehen, dass Machtmissbrauch weniger Raum hat.

Machtmissbrauch ist der Missbrauch einer Machtposition, um anderen Personen – über welche man Macht ausüben kann – zu schaden, sie zu schikanieren oder zu benachteiligen oder um sich selbst oder eigenen Günstlingen persönliche Vorteile zu verschaffen.

Wörterbuch

Selbstorganisiertes Arbeiten setzt eine gesunde Kommunikations- und Organisationskultur voraus, an der beständig gearbeitet werden muss.

Wie funktioniert Netzwerkmanagement?

Der Wandel einer Organisation von der klassischen hierarchischen Form hin zu einem organisierten Netzwerk stellt die Führungskraft und die Beteiligten vor Herausforderungen. Für die einen mag es leicht und unkompliziert sein, weil die beschriebenen Normen und Werte längst selbstverständlich zu deren Handeln dazu gehören.

Die anderen müssen sich umstellen. Weil es einfacher sein kann, dass jemand entscheidet, was zu tun und zu lassen ist. Weil es unbequem ist, umzulernen, sich Neuem zu stellen, Verantwortung zu übernehmen, selbstkritisch und reflektiert zu sein.

Führungskräfte, weil sie nicht mehr als Besonderheiten gesehen werden, sondern wie alle anderen auch im Dienst der Sache leben, müssen vom Statusdenken ablassen und sich selbst sowie die Organisation verändern. Dennoch wird es der Führungskraft, die die Veränderung wollen muss, nicht möglich sein, die Verantwortung abzugeben und somit ist sie doppelt gefordert: zu koordinieren, die Vogelperspektive im Blick zu behalten und sich dabei selbst zurückzunehmen.

Meine Beobachtung ist, je höher die Identität mit dem Zweck der Organisation gegeben ist und Werte und Unternehmensziel gelebt werden, umso leichter fällt es den Beteiligten, sich selbst zu organisieren.

Je besser das gelingt, umso zukunftsfester sind Organisationen, weil sie sich verknüpfen und vernetzen und immer neuen Aufgaben flexibel stellen können.

Wie gesund ist unsere Gesellschaft?

Es ist Frühling.

Auf meinem Gartenstuhl liegt ein Buch mit dem Titel „Die Geburt der Klinik.“

Der Autor ist Michel Foulcault.

Wie komme ich zu einer solchen Lektüre?

Warum genau zu dieser Zeit?

Vielleicht, weil ich neuerdings eine Klinik leite. Vielleicht aber auch, weil wir allmählich die Folgen der Pandemie erfahren. Und vielleicht, weil das eine mit dem anderen zusammen hängt und sich die Frage stellt:

Wie gesund ist eigentlich unsere Gesellschaft?

Die Not der Menschen nimmt zu.

Noch fehlt der vollständige Überblick, welche Schäden die Pandemie hinterlassen wird. Aber aktuelle Studien belegen, dass Kinder und Jugendliche, Personen mit psychischen Vorerkrankungen und Personen in ökonomisch prekären Lebensverhältnissen zu den Verlierern zählen. Bei Personen mittleren Alters fallen Mehrfachbelastungen durch Arbeit und Homeschooling ins Gewicht (insbesondere Alleinerziehende und Familien mit Kindern unter 12 Jahren). (vgl. Der Einfluss der COVID-19 Pandemie auf die psychische Gesundheit)

In unseren Beratungsstellen laufen die Anfragen über. Zunächst waren es pandemiebezogene und sozialrechtliche Fragen, inzwischen häufen sich die Anfragen von Menschen, die an Einsamkeit und familiären Problemen leiden, denen zuhause die Decke auf den Kopf fällt, die sich um ihre oder die Zukunft ihrer Kinder sorgen. Unsere Schuldnerberatungsstellen können die Anfragen kaum mehr bewältigen.

Das tatsächliche Ausmaß wird aufgrund von Insolvenzen und knappen Finanzen bei Land, Bund und Kommune erst in ein paar Monaten zu erkennen sein.

Klar ist schon jetzt, die gesellschaftliche Not nimmt zu.

Die Klinik.

Seit ein paar Wochen arbeite ich in einer der Kliniken, die Mutter-Kind-Kuren durchführen, dem Caritas Westfalenhaus, intensiver mit. Dabei beobachte ich, dass sich die Herausforderungen durch die Pandemie auf drei Ebenen abspielen:

  • auf der Ebene der Patient*innen / Klient*innen, denen nachhaltig geholfen werden kann, was Klinikbewertungen belegen.
  • auf der Ebene der Mitarbeitenden, die trotz umfangreicher Schutz- und Hygienekonzepte ihr Bestes geben
  • und auf der Ebene der Organisationen, die trotz Rettungsschirmen ums Überleben kämpfen.

Dass Frauen unter der Corona-Krise besonders zu leiden hatten, zeigen weitere Studien.

Demnach hat sich die Familienarbeitszeit von Vätern täglich um 2,3 Stunden erhöht – auf 5,6 Stunden pro Tag. Mütter leisteten in der Krise 7,9 Stunden unbezahlte Haus- und Familienarbeit, einen Fulltime-Job zusätzlich zur Erwerbsarbeit.

Wie sieht ein modernes Wohlfahrtssystem aus?

Zurück zu Michel Foucault und der Geburt der Klinik: „Was ist nicht in Ordnung bei diesem Kranken? Was gilt es hier zu ändern?“

Es geht bei der Neuorganisation des Gesundheitswesens im Nachgang zur französischen Revolution bis heute um die Verbindung der Elemente, die uns auch bei der Lösung der Folgen der Pandemie beschäftigen: um ganzheitliche Ansätze, Fragen der Bildung, sozial-ökonomische Bedingungen. Armut macht krank. Nicht erst seit gestern.

Alles hängt mit allem zusammen.

Wenn wir aber den Zustand auf unsere post-pandemische Gesellschaft übertragen, dann stellt sich doch jetzt die Frage: Was können wir künftig besser machen?

Der Begriff „Fürsorge“ war schon ad acta gelegt. Zu früh?

Ein modernes Fürsorgesystem ist ein gesunder Sozialstaat, der nicht nur ausreichende Sozialversicherungssysteme vorhält, sondern der auch in einem ganzheitlichen Sinne die Gesellschaft in den Blick nimmt und gesund werden lässt.

Was ist überflüssig?

Kaum gleitet der Frühling in den Sommer über, steht auch schon die Erstellung von Haushaltsplänen auf der Agenda. Die Pandemie hat 1x mehr gelehrt, auf das wirklich Wesentliche zu achten.

Aber auch: Welche Herausforderungen stehen gerade ganz besonders an?

Im letzten Jahr hat mich der Leitsatz der Caritas „Not sehen und handeln“ 1x mehr motiviert, der Praxis zu dienen.

Das Jahr hat uns durch unterschiedliche Phasen geführt: Zusammenhalt und Unsicherheit während des ersten Lock Downs, Aufatmen während des Sommers, Isolation und die Bewältigung immer neuer Auflagen in Herbst und Winter, die Umsetzung der Test- und Impfstrategien bis hin der Stabilisierung der unterschiedlichen Teams, weil sich irgendwann die Erschöpfung, die dadurch entsteht, dass die Personaldecke gleich bleibt, eben überall bemerkbar machte.

Um wirklich zu erfahren, was manche aushalten müssen, hat es mir geholfen, zwei Schichten in der Spülstraße unserer Klinik zu arbeiten.

Wenn wir also jetzt daran gehen, Haushaltspläne aufzustellen, ob in unseren eigenen Organisationen, in den Kommunen, Ländern und auf Bundesebene, dann ist die entscheidende Frage: Was ist überflüssig und was wird wirklich gebraucht?

Was ist die gesellschaftliche Aufgabe?

Denken wir daran, worauf es während der Pandemie wirklich ankommt. Was die Menschen brauchen. Was eine Gesellschaft braucht.

Ohne Fürsorge ist kein Staat zu machen. Auch kein Sozialstaat. Ordnen wir unsere Angelegenheiten. Investieren wir in Sozial- und Gesundheitsdienste und fördern Gemeinnützigkeit!

Fördern wir Diversität und Zusammenhalt!

Welche Fahrstrecken sind wirklich notwendig? Unser Lebenswandel wirkt sich aus. Auf Natur und Klima. Werden wir nachhaltig!

Videokonferenzen sind gute Beispiele dafür, dass die Investition in Technologie Kosten senkt und Effizienz steigert.

Vollenden wir zügig unsere digitalen Transformationsprozesse!

Die Ökonomisierung der Gesellschaft und damit der sozialen Arbeit ist durch die Erfahrung der Pandemie endgültig abgeläutet.

WerkraumZukunft.

Wie entstehen neue Projekte?

Manchmal auf Zuruf.

So wie der WerkraumZukunft.

Wie es dazu kam.

Eine lange Geschichte kurz erzählt?

Wir führen seit Jahren einen Diskurs über die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit. Die Formate wechseln, kriegen Updates, erneuern sich. Die Konstante ist das Blog. In den 2015ern entstand die Idee zu einem BarCamp der sozialen Arbeit, dem SozialCamp, das 2016 erstmalig stattfand und letztes Jahr sogar digital.

Wir trafen uns dort im digitalen Kaffeeraum und waren gleich wieder in einem kleinen Kreis von Leuten mitten im Diskurs.

Hendrik kam dann ein paar Wochen später auf die Idee, ein digitales Format zu finden, das einen kontinuierlichem Austausch ermöglicht. Uns war dabei wichtig, dass nicht eine Organisation oder ein Verband im Fokus steht, sondern die Freude am Thema, an der Weiterentwicklung der sozialen Arbeit und einer zukünftigen Gesellschaft.

Was der WerkraumZukunft ist.

Der WerkraumZukunft ist ein virtueller Raum, den Hendrik Epe und ich moderieren, und in dem wir alle drei Monate interessierte Menschen aus der Sozialwirtschaft und darüber hinaus digital und niederschwellig zu zukunftsrelevanten Themen zusammenbringen. So können wir gemeinsam neue Ideen hören, gemeinsam lernen, diskutieren und Zukunft bauen.

Der Name ist Programm.

Mit anderen gemeinsam die Zukunft bauen, dafür braucht es einen Werkraum, wo Experimente möglich sind, Learning by Doing erlaubt ist und Prototypen entwickelt werden.

Auch Hendrik und ich wollen mit dem Format und der Weiterentwicklung experimentieren und gleichzeitig unseren Lernprozess mit Euch teilen.

Entscheidend ist, der WerkraumZukunft ist ein Raum, den jede/r nutzen kann.

Es geht los!

Und dann gingen wir an den Start. Am 17. Dezember um 20 Uhr trafen wir uns bei Glühwein und Spekulatius mit rund 40 Interessierten und hörten einen spannenden Vortrag von Prof. Peter Stepanek zum Thema „Nachhaltigkeit in der Sozialwirtschaft“.

Aus meiner Sicht war es ein gelungener Einstieg. Die hohe Teilnehmer*innenzahl und das Engagement, sich kurz vor Weihnachten abends nach 20 Uhr noch mit Sach- und Fachfragen zu beschäftigen, war beeindruckend, gerade in einer Zeit, in der eine Videokonferenz die andere jagt und den Alltag bestimmt.

Der Vortrag war ein spannender Einstieg, weil es ja gerade im neuen Jahrzehnt darum gehen wird, den Blick zu öffnen, das Digitale als das Normale zu betrachten und gerade auch in Folge der Pandemie darüber nachzudenken, wie wir Gesellschaft zukünftig deutlich anders gestalten können. Das Stichwort des Abends war für mich das Thema „Soziale Transformation.“

An diesem Abend haben wir noch länger zusammen gehockt, den Auftakt bei einem weiteren Bier und Glühwein gefeiert und auch ein wenig reflektiert. Was wir noch besser machen können? Ansprechender für Frauen als Speaker*innen sein!! Denn die Inputgeber, die sich bisher in unsere Liste eingetragen haben, sind bisher alle männlich.

InstaTalk – Unser Frühstücksfernsehen.

Und schwups entstand das nächste Format. Und zwar als Hendrik und ich darüber nachdachten wie und wann wir den ersten WerkraumZukunft reflektieren wollen.

Übriges „nachdenken“ läuft bei uns via Twitternachricht mit wenigen Stichworten. An der Stelle ein dickes Danke schön an Hendrik für die unkomplizierte Zusammenarbeit. Es geht locker leicht ohne viel Aufwand nebenher und lässt sich daher gut in den aktuellen Workload, der nicht ohne ist, integrieren. Und es macht Spaß und fördert Kreativität und Innovationskraft, was ein prima Ausgleich ist.

Zurück zur Reflexion: Ich wollte schon immer mal gerne den Instatalk ausprobieren und so war die Überlegung, ob wir die Reflektion nicht einfach öffentlich machen und somit andere einladen, sich daran zu beteiligen.

Zack. Das Datum für das erste Mal war auch hier gesetzt. Für viele vielleicht etwas früh am Tag, für andere gerade richtig, und so haben wir etwas für Eulen und Lerchen und gleichzeitig noch eine Möglichkeit ein paar Themen kurz und knackig zu diskutieren. Außerdem ist alles auch crossmedial nach zu sehen und zu hören.

Auch hier sind noch ein paar Sachen verbesserungsfähig, aber insgesamt bin ich zufrieden und fand interessant zu sehen, wer teilnimmt und freue mich demnächst über noch mehr Kommentare.

Mitmachen!

Hier könnt ihr Euch eintragen, wenn ihr ein Thema habt, das ihr im WerkraumZukunft disktutieren oder vorstellen wollt. Es muss auch kein Vortrag sein, sondern es kann auch ein Dialog oder Interview sein. Wir oder die Zuschauer können Euch zentrale Fragen zum Thema stellen.

Falls ihr kurz und knackig über ein Thema sprechen wollt, kommt gerne freitags um 7:30 Uhr zu uns ins Frühstücksfernsehen via InstaTalk.

Führen in Zeiten der Pandemie

Ach, was war ich froh, als es wieder möglich war, in einer Bürogemeinschaft zu arbeiten!

Die Qualität des analogen Zusammenseins mit Menschen lässt sich bei aller Affinität zur Technologie nicht ersetzen.

Es war wundervoll und ich habe es sehr genossen.

Und obwohl die Virologen auch damals schon vor einer zweiten Welle im Winter gewarnt haben, war es in dieser Zeit wirklich schwer zu glauben, dass sie wirklich kommen würde.

Lockerungen.

An meinem ersten Arbeitstag in Kiel fuhr ich mit der Bahn zur Arbeit. Ich war neugierig auf die Erfahrung, in einer Region zu arbeiten, die man nur als Urlaubsregion kannte. Und wie es werden würde, wenn hier der Alltag anbricht.

Sich einen Lebenstraum zu erfüllen und mit der Realität abzugleichen, ist vielleicht nochmal ein eigenes Thema, aber dieser Morgen, an dem ich die tiefblaue Ostsee überbrückte, an den Strandbädern entlang fuhr und die holsteinische Schweiz und ihre Seen durchquerte, war es eine traumhafte Ouvertüre für eine neu anbrechende Zeit.

Ich hatte mir gleich zu Anfang ein intensives Programm vorgenommen. Ich wollte so viele Einrichtungen wie möglich kennen lernen. Und das war dank der Lockerungen auch ohne Weiteres möglich.

Mitten in einer Pandemie die Arbeit in einer neuen Organisation aufzunehmen, hat Vor- und Nachteile. Der Nachteil ist, dass Netzwerke noch nicht vorhanden sind. Dass mir das Bundesland fremd war und ich Informationskanäle nicht auf Anhieb identifizieren konnte, da die Strukturen unterschiedlich sind.

Der Vorteil ist, dass es einen frischen Blick auf eine Organisation gibt und Verbesserungen auf der Basis vorheriger Erfahrungen eingeführt werden können.

Ein trügerischer Sommer.

In Schleswig-Holstein kletterte das Thermometer über 30 Grad. Und gefühlt blieb es dort bis Ende Oktober. Viele Aktivitäten werden nach draußen verlagert, so dass sich – trotz aufwändiger Hygienemaßnahmen – ein Gefühl der Normalität einstellt.

Wie sehr die Bevölkerung dieses Gefühl auslebte, zeigte sich in Schleswig-Holstein auch um uns herum. Viele Touristen wählten aufgrund der Pandemie keine Fernziele, sondern verbrachten ihren Urlaub wegen des schönen Wetters gerne an der Ostsee. Strände, Restaurants und Marktplätze waren überfüllt und mussten teilweise geschlossen werden.

Die Erleichterung über die Aufhebung der Isolation ist auch für Führungskräfte verführerisch. Wird doch die oftmals ungewohnte Technologie als Barriere guter Kommunikation erlebt. Und gerade, wenn es darum geht, Vertrauen aufzubauen, stört der Mund-Nasenschutz.

Doch gerade das hat mich andererseits dazu veranlasst später im Jahr auch innerhalb der Bürogemeinschaft wieder zu Videokonferenzen überzugehen.

Die Betriebe können ihren Dienst mit Hilfe der Schutzkonzepte fortsetzen, aber der Aufwand, der durch Hygienemaßnahmen entsteht, ist nicht zu unterschätzen. Alle arbeiten am Limit.

Vorbereitung auf die 2. Welle

Am 27. August diskutieren vier Wissenschaftler*innen im Corona-Update des NDR über die Frage: Wie kommen wir ohne Lockdown durch den Winter?

Es ist ein Wettrennen um die Organisation von Testungen und die Entwicklung des Impfstoffes und gleichzeitig zeichnet sich ab, dass die Lockerungen über den Winter nicht zu halten sind, weil die Ansteckungsquelle in vielen Fällen nicht mehr zu ermitteln ist.

Meine Aufgabe war nun, einerseits die Caritas in Schleswig-Holstein zu formieren und zu organisieren und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass wir auf die zweite Welle vorbereitet waren.

Und so galt es Vorsorge zu treffen mit Blick auf:

  • Technologische Ausstattung
  • Hygienekonzepte
  • Kommunikation
  • Krisenmanagement
  • Kultur / Mentalität
  • Möglichkeiten zum Home Office

Häufiger habe ich mir die Frage gestellt, ob ich zu vorsichtig bin. Und es kam hinzu, dass ich mich selbst disziplinieren musste. Aber das Verhalten des Vorgesetzten wirkt und hat Vorbildfunktion. Hinzu kommt, dass die Belastung der Krankenhäuser zunahm, Intensivbetten und Atemgeräte wurden knapp. Die Arbeit der Gesundheitsämter gerieten an ihre Belastungsgrenzen. Jede verhinderte Ansteckung war ein Beitrag zur Stabilisierung der Gesamtlage.

Die steigenden Inzidenzwerte machten deutlich, dass der eingeschlagene Weg richtig war.

Führen in Zeiten der Pandemie – Coronatagebuch (Teil 2)

Wer wusste schon genau, was während einer Pandemie zu tun ist. Wie wir alle wissen, viele wussten es nicht. Und keiner wusste, wie lange es dauern würde.

Meine wichtigste Lernerfahrung ist, dass alle wieder zu Lernenden werden mussten. Dass auch Wissenschaft und Politik keine fertigen Antworten hatte.

Dass wir nicht sicher sein konnten, dass ein Experte den richtigen Weg wies. Und wir doch gleichzeitig viel Verantwortung für unsere Beschäftigten, Bewohner und Einrichtungen hatten.

Was ich plötzlich erkannte, dass deutlich wurde, wer seriös handelte und wer nicht. Umsicht, Vorsicht und Zuhören war besonders gefragt. Die meiste Ahnung hatten diejenigen, die Fragen stellten und nicht diejenigen, die mit fertigen Antworten performen wollten.

Am 28. März notiere ich im Tagebuch: „2 harte Arbeitswochen liegen hinter uns allen.

Neu ist, dass wir uns auf das absolut Wesentliche konzentrieren.

Der Arbeitsalltag besteht aus aneinandergereihten Videokonferenzen – von 9 Uhr bis 19 Uhr. Es kommt zu einem sogenannten Shut Down des wirtschaftlichen Handels.“

Es gibt keine Wochenenden. Wie nie zuvor gibt es Direktschalten zwischen Wohlfahrt und Ministerien, um Erlasse zu verstehen und zu revidieren. Alle paar Tage gibt es einen Krisenstab mit dem Land, um die Probleme der Praxis zurück zu melden. Das Hauptproblem war die Beschaffung von Schutzmaterial. Es wurden diverse Anbieter geprüft, die Schutzmaterial beschaffen konnten. Die Sorge um die Risikogruppen war groß.

Schutzkonzepte.

Schutzkonzepte mussten erarbeitet werden. Dann stellten sich neue Fragen. Was ist mit den Diensten, die geschlossen werden? Ist hier Kurzarbeit möglich? Wie können sie langfristig abgesichert werden? Gibt es hierfür Rettungsschirme?

Alles wird systematisch mit den Behörden durchgesprochen. Immer wieder treten neue Fragen auf. Das Thema digitale Infrastruktur kam auf den Tisch. Denn wenn Dienste nicht Face to Face arbeiten konnten, mussten sie auf Online-Konzepte umgestellt werden, falls nicht schon geschehen. Aber Digitalisierung kostet Geld.

Wir hatten wochenlang durchgearbeitet. Irgendwann war Ostern und zum ersten Mal bot sich etwas Zeit zum durchatmen.

Wir nutzen die Zeit, nach Kiel zu reisen, um auf Wohnungssuche zugehen, was zu dem Zeitpunkt nur mit Ausnahmegenehmigung erlaubt war. Die Autobahnen und Raststätten waren verwaist. Die Küstenorte und die Innenstadt von Kiel schienen leer gefegt.

Als wir zurück waren, ging die Arbeit im selben Tempo wie vorher weiter.

Ab dem 27. April wird der Mund-Nasenschutz verpflichtend eingeführt.

Lockerungen.

Bis Mitte Mai dauerten die Sitzungsmarathons an. Nachdem die Einschränkungen Mitte bis Ende April wieder gelockert wurden und auch Kitas und Schulen wieder geöffnet hatten, gab es neue Erlasse, die diskutiert, revidiert, kommuniziert und umgesetzt wurden. Und das zügig.

Um den 18. Mai stiegen nach einigen Wochen Kälte die Temperaturen an. Plötzlich waren es dann nur noch wenige Tage bis zum Ausscheiden in Essen.

Eine unwirkliche Zeit, in der wir gleichzeitig losließen und unendlich viel zu tun hatten: arbeiten, packen, auflösen, verabschieden.

Tagebuchnotiz am 30. Mai: „Möwengeschrei. Die Sonne geht über der Ostsee auf.“

Learning Lessons.

Und während der Juni von Urlaub, Umzug und Übergang geprägt war, war Zeit nachzudenken und zu reflektieren. Was lehrt uns die erste Phase der Pandemie? Vor welchen besonderen Herausforderungen stehen Führungskräfte?

  • Gut informiert sein, z.B. regelmässig das Coronavirus-Update hören und auf Twitter seriösen Quellen folgen. Erlasse lesen.
  • Die Digitale Infrastruktur spätestens jetzt auf den neusten Stand bringen.
  • Ein passendes Krisenmanagement einrichten.
  • Voneinander lernen. Zusammenarbeiten.
  • Auf die Sache konzentrieren.
  • Pragmatismus üben.
  • Die Lage ernst nehmen.
  • Möglichst ein Vorbild sein.
  • Virtuelle Zusammenarbeit fördern und ausbauen.

Führen in Zeiten der Pandemie – Coronatagebuch (Teil 1)

Im Rückblick sind wir immer klüger.

Deshalb lohnt sich der Blick auf die (Führungs-)aufgabe während der Pandemie.

Vielleicht gerade deswegen, weil wir uns die Antworten alle zusammen erarbeiten mussten: Verantwortliche in Politik, Wissenschaft und Praxis.

Wenn in China ein Sack Reis umfällt …

Anfang 2020 wurde in Wuhan in China der Ausbruch einer Lungenentzündung mit noch unbekannter Ursache festgestellt und ein Virus identifiziert, das Dutzende von Menschen infizierte. Mitte Januar starb der erste Mensch an diesem neuartigen Virus.

Im Arbeitsalltag ist hiervon nichts zu spüren.

Das Jahr beginnt mit den Themen, mit denen das alte Jahr aufgehört hatte. Fortschritte sind erkennbar, Baustellen müssen weiter bearbeitet werden, neue Projekte stehen an.

Die Sternsinger kommen zu uns ins Haus der Caritas in Essen.

Ich eröffne das Projekt „Palliativ Care“, das eine Gruppe Leitungen der ambulanten Pflegedienste und Studierende der Fachhochschule Münster kooperativ durchführt. Ihr Leitsatz ist:

Du zählst, was Du bist.

Mitte Januar treffen wir uns mit den Kolleg*innen der Bundesdirektor*innenkonferenz in Erfurt im Augustinerkloster. Es ist ein milder Abend als ich nach einem langen Arbeitstag vom Hauptbahnhof zur Unterkunft laufe. Eine faszinierende Stadt mit vielen historischen Gebäuden, die ansprechend beleuchtet sind. Martin Luther ist allgegenwärtig. Nicht nur im Kloster.

Die Caritas Jahreskampagne „Seit gut, Mensch“ startet und ich notiere in mein Tagebuch „Könnte gut werden.“

Ein paar Tage später bin ich zu Gast in Stuttgart, um dort bei einer Diözesantagung über meine Erfahrungen mit digitalen Medien zu berichten. Die Reaktionen sind die Vertrauten: es gibt wie überall die Skeptiker*innen, die Euphorischen und die Pragmatiker*innen. Digitale Transformationsprozesse in Kirche, Caritas und Gesellschaft bleiben eine Herausforderung.

In der Zeitschrift Sozialwirtschaft erscheint „Wie man Zusammenhänge begreifen kann“. Expert*innen werden gefragt, welches Buch sie massgeblich beeinflusst hat. Ich schreibe über das Glasperlenspiel von Hermann Hesse.

Es ist eine Frage der Zeit.

Anfang Februar reisen wir mit Geburtstagsgästen für eine Woche nach Texel. Mir fällt die Stellenanzeige der Caritas im Norden ins Auge, die eine Landesleitung für Schleswig-Holstein suchen. In Schleswig-Holstein am Meer zu leben, das ist schon lange ein Traum. Oft haben wir während unserer Urlaube dort in den letzten Jahren überlegt wie das möglich werden könnte.

Bei sonnigem Wetter am Meer entlang wandernd, denke ich über das Für und Wieder nach. Mir macht die Tätigkeit in Essen viel Freude. Andererseits kann ich der Caritas auch in Schleswig-Holstein nutzen und wäre sogar näher an der Praxis, was ich als eine interessante Herausforderung ansehe.

Unser größtes Problem auf Texel ist das Sturmtief „Sabine“, das die Rückfahrt erschwert.

Gleichzeitig breitet sich das Virus in Europa aus und auch hier sterben Menschen daran.

Am 11. Februar gab die Weltgesundheitsorganisation der neuen Krankheit einen Namen: Covid 19. (Coronavirus Desease 2019).

Diese Zeilen zeigen wie wenig wir alle wussten, was auf uns zukam. Denn ansonsten wäre ich vermutlich zu dem Zeitpunkt mit anderen Themen beschäftigt gewesen. Aber so nahmen die Dinge ihren Lauf.

Wer seinem Stern folgt, kehrt nicht mehr um.“

Leonardo da Vinci

Ausnahmezustand.

Am 2. März notiere ich in meinem Tagebuch: Das Coronavirus beschäftigt die Menschheit. Wir haben ebenfalls einen ersten Verdachtsfall.

Am 11. März erklärt die Weltgesundheitsorganisation die Krankheit zu einer weltweiten Pandemie.

Gleichzeitig erleben wir vor welchen Herausforderungen unsere Dienste, insbesondere unsere Pflegeheime, ambulanten Dienste und Angebote für Menschen mit Behinderung stehen und setzen ein Schreiben auf, dass das Ministerium darüber informiert.

Die große Herausforderung besteht darin, ruhig zu bleiben, die eigenen Mitarbeitenden zu unterstützen, die Bedarfe der Einrichtungen zu erfassen und zu bedienen und dort auch Nutzer*innen und Mitarbeitende bestmöglich zu schützen.

Am 15. März schreibe ich ins Tagebuch:

Das Virus wirbelt das Alltagsleben durcheinander. Alle Konferenzen sind abgesagt. Jetzt tagt nur noch unser Krisenstab.

Mensch Kirche!

Die Weihnachtsbotschaft ist nicht:

Jesus war männlich.

Oder heterosexuell.

Oder klerikal.

Die Weihnachtsbotschaft ist:

Gott wurde Mensch.

Jesus war nah an den Lebensverhältnissen der Menschen dran.

Kirche findet vielerorts statt.

Das letzte Jahrzehnt war so voller Chancen.

In dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, bestimmte die Kirche das tägliche Leben. Das Kirchenjahr war fester Bestandteil dörflicher Riten und Gebräuche. Ich bin durch und durch katholisch sozialisiert: Familie, Kita, Grundschule, Ordensschule.

Heute wird meine Beheimatung aber manchmal auf eine harte Probe gestellt.

Hinter uns liegt ein Jahrzehnt, in dem der Klerus die Chance hatte, alte Zöpfe abzuschneiden und Licht in die unguten Strukturen und Kulturen zu bringen, die Missbrauch geschürt und begünstigt haben. Ein Jahrzehnt, in dem Frauen auf die Straße gingen und dafür demonstriert haben, dass sie in der katholischen Kirche die gleichen Rechte wie Männer haben.

Hinter uns liegt aber auch ein Jahrzehnt, an dessen Ende sich zeigt, dass manche Kleriker mit den realen Lebensverhältnissen der Menschen nur noch wenig zu tun haben.

Kirche ist dort, wo Heil geschieht.

Manche scheinen dringend ein Reset zu brauchen, eine Rückbesinnung auf die Ursprünge. Als Jesus den Menschen zugewandt, Dienst den Schwächsten tat, Frauen am Grab zu den ersten Jüngerinnen zählte und Strukturen mehr als schlicht waren. Wo Kirchorte dort waren, wo Heil geschah.

An wievielen Orten geschieht gerade in diesen Tagen ein Weihnachtswunder: in Pflegeheimen, Krankenhäusern, Bahnhofsmissionen, Notschlafstellen, in der Telefonseelsorge … hier sind Menschen weit über ihre Kräfte hinaus im Einsatz, um zu helfen.

Nicht die Institutionen, die vermeintlich Mächtigen, die verkrusteten Strukturen machen Kirche aus. Kirche sind Menschen. Sie werden darüber entscheiden wie Kirche sich weiter entwickelt.

Das Kirchenvolk ist längst anders geworden. Sie gehen für ihren Glauben auf die Straße und akzeptieren einfach nicht mehr, wenn sich die Institution von den realen Lebensverhältnissen der Menschen entfernt.

Adieu Facebook, Du hast Deinen Reiz verloren.

Da liegt es vor mir auf meinem Schreibtisch, klobig und unhandlich, anachronistisch wie aus einer anderen Zeit. Und doch streiche ich wehmütig über den ledernden Einband und lasse meine Gedanken schweifen.

10 Jahre ist es her, dass ich es unter dem Weihnachtsbaum hervorholte und aus dem Geschenkpapier herausschälte. Ein Geschenk, das meine Welt veränderte: Das iPad.

Es wog noch recht schwer und verschaffte mir zeitweise einen Tennisarm und doch liebte ich es heiss und innig, denn ich bekam einen Zugang zu einer Welt, die mir bis dahin verborgen war und die auch mehr oder weniger noch in der Entstehung schien: der digitalen Welt.

Das Geschenk war der Einstieg in ein Jahrzehnt, das die digitale Transformation einläutete. Lächelte man Anfang der 2010er noch über die Idee des papierlosen Büros, steht heute jede Organisation vor der Herausforderung, möglichst zügig alle Prozesse zu digitalisieren.

Facebook war damals neu, aufregend und geheimnisvoll.

Und es war mein Einstieg in die sozialen Netzwerke. Einige sagten damals schon eine Weile: „Komm zu Facebook, das wird Dir gefallen.“ Und so war es.

Die Idee von Facebook halte ich nach wie vor für genial: Menschen zu vernetzen, leichte Zugänge und virtuelle Räume zu schaffen, um sich auszutauschen, zu bilden, zusammen zu arbeiten, sich weiter zu entwickeln.

Wir gründeten damals mit ein paar Leuten die Facebookgruppe Caritas 4.0, die schnell boomte, weitere Gruppen entstanden und neue Netzwerke kamen hinzu.

Die kollaborative Zusammenarbeit war schnell eingeübt und veränderte Arbeitsstil und Arbeitskultur. Die Grundidee des Internet, die Welt zu vernetzen, ein demokratisches Instrument zu sein und kostenfrei Inhalte zur Verfügung zu stellen, wurde möglich. Mit dem (kleinen) Wermutstropfen, das Inhalte nicht kostenfrei sind, sondern kommerziellen Zwecken dienen und daher viel Werbung im Spiel ist.

Aber auch das hat mich nicht davon abgehalten, Facebook zu nutzen. Denn es bot gerade in Kirche, Caritas und Wohlfahrt eine unkomplizierte Vernetzung. Zwischen Chefs und Mitarbeitenden, zwischen Wohlfahrtsverbänden und Start ups, zwischen Kirchenoberhäuptern und dem (Kirchen-) Volk.

Der Digitalisierung der sozialen Arbeit und der digitalen Transformation hat Facebook neben Twitter einen guten Dienst erwiesen, denn so anrüchig es auch lange Zeit war, tummelte sich zu Hochzeiten, was Rang und Namen hat, so dass Zugänge und Vernetzung für alle leicht waren.

Adieu Facebook, Du hast Deinen Reiz verloren.

Um es gleich vorweg zu sagen: es ist nicht der Datenschutz. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir Deutschen vor lauter Angst um unsere Daten, den Fortschritt aufhalten. Wo könnten wir mit der digitalen Schule ansonsten nur jetzt schon sein!

Nein, das ist es nicht. Es ist einfach nicht mehr inspirierend. Es ist unsortiert. Der Plattform mangelt es an Schlichtheit. Ich bevorzuge Netzwerke, die klare Profile haben. Und werde wohl auch mal wieder etwas Neues ausprobieren.

Was ich vermissen werde, sind meine alten Bekannten: die Schulfreunde und die Menschen aus meiner Heimat. Aber hierfür gibt es ja auch alternative Möglichkeiten.

Über die ersten 100 Tage, gesunde Arbeit & Auszeiten.

Es war ein richtig heißer Sommer.

Unser junges Social Media Team postet gestern anlässlich meiner 112 Tage im Amt ein Fotoshooting, das wir nicht lange nach meinem Amtsantritt im hübschen Park unseres katholischen Campus in Kiel hatten und trotz meiner Predigten, dass doch die jungen Leute zu sehen sein sollten, zeigt es mich, die Landesleitung, die just an dem Tag am wenigsten darüber nachgedacht hat, was sie denn tragen soll und einfach versuchte, mit einem schwarzen Outfit gegen die Hitze zu kämpfen, die uns den ganzen Sommer schweißnass hatte arbeiten lassen.

100 Tage im neuen Amt.

Schnell google ich mal, was die ersten 100 Tage im neuen Amt erwartet wird, und stelle fest, so daneben habe ich wohl bisher nicht gelegen.

https://www.haufe-akademie.de/blog/themen/fuehrung-und-leadership/leseproben-fuehrung/neu-als-fuehrungskraft-die-ersten-100-tage-gestalten/

Auch nachzulesen in Vom Sorgenkind zur Modellregion. Übrigens tolle Reaktionen, die ich darauf erhielt, u.a von Eva Walling: „Spannender Artikel mit einer sehr stimmig erscheinenden Umsetzungsstrategie und -arbeit. Ich wünsche viel Erfolg. In 6 Monaten und ca 1 Jahr würden mich Überprüfungsergebnisse interessieren und zwar aus Sicht der Leitung und von Mitarbeitenden.“ auf Linked in.

Gesundes Arbeiten.

Während ich mich hier pudelwohl fühle, in meinem Blogbeitrag „Neue Wohlfahrt, was wäre, wenn wir nochmal ganz neu anfangen könnten?“ klingt es an, und auf ein Team treffe, das voller Be-Geisterung mitgeht, und gleich eine Reihe eigener Ideen einbringt und umsetzt, beschäftigt mich doch gleichzeitig ein Aspekt, der mir in einem der Bücher begegnet, die mir unser Berater der Caritas in Schleswig-Holstein, Gerd Skorupka, empfahl: „Wirksam entscheiden“, ein Handbuch für Führungskräfte in der Sozialwirtschaft. Ich entdecke diesen Aspekt im letzten Teil, in dem es um die Balanced Score Card als strategisches Entscheidungsinstrument geht.

Werte, Adressaten, Prozesse und Strukturen – natürlich alles wichtig, aber sind nicht ein wesentliches Merkmal, gerade in diesem Corona-Jahr, unsere eigenen Mitarbeiter*innen? Insbesondere deren Gesundheit? An diesem isolierten Aspekt bleibe ich bei der Lektüre hängen und vergleiche ihn mit der Motivation, dem Engagement, dem Überstundenzettel und dem Allgemeinbefinden unseres Teams.

Der Mensch ist mehr als sein Arbeitsleben. Lebenslust, Familie, Freunde, Freizeit, Urlaub … all das gehört dazu. Manchmal hält uns die Arbeit über Wasser, aber manchmal sind es Freunde und Familie, die einen durch saure Arbeitszeiten tragen. Alles zusammen macht den ganzen Menschen aus.

Lieben, leiden, lachen … gehört zum Menschsein dazu. Die 3 großenLs lassen sich nicht ausklammern.

Sie sind Teil des Arbeitslebens. Kolleg*innen sind Familie. Sie teilen sich Dir nicht nur mit, sie teilen auch Deine Sorgen, Deine Freuden, Deine Schwächen, Deine Eigenheiten.

Ein Team besteht aus vielen einzelnen Charakteren, die voller guter Überraschungen sind, wenn wir es zulassen.

Auszeiten.

Eine neue Aufgabe bringt Energie und kostet gleichzeitig Kraft. Veränderungen brauchen Zeiten, in denen sie verarbeitet werden können.

Seit vielen Jahren mache ich jeden Herbst ein Retreat. Einen Rückzug. Darüber habe ich auch schon geschrieben: Meditation in Zeiten von Disruption. Dabei nehme ich mir kein größeres Programm vor, sondern begebe mich an einen Ort, der mir Kraft gibt. In diesem Jahr ist das Fehmarn. Erstmalig eine Insel. Eine Insel, die neuerdings mein erster Wohnsitz ist, und auf der ich noch ankommen muss. Aber Fehmarn macht es mir einfach. Die Touristen sind weitgehend verschwunden und die Herbststürme setzen ein. Ich lasse mein Hirn durchpusten und der Hund und ich genießen die Weite, die Einsamkeit, die Ruhe.

Ich stelle die meisten Kanäle ab. Gar nicht so einfach. Mein Leben besteht schon aus vielen Plings in meinem Alltag. Ist das gut? Ist das schlecht? Die Ruhe ist jetzt gut. Und ab und an spinkse ich dann doch in die Kanäle.

Ich mache sehr einfache Dinge. Ich gehe mit dem Hund durch die Felder und am Meer entlang. Wir spielen im Herbstlaub. Ich koche neue Gerichte. Ich reflektiere und meditiere. Ich denke über dieses gigantische Jahr nach, das viel von uns gefordert hat und mir gleichzeitig einen neuen Weg wies.

Ich denke an die vielen neuen Begegnungen, ans Loslassen, an die faszinierende Natur der neuen Heimat, die den Menschen so klein erscheinen lässt und uns auf unsere Plätze verweist.

Ich denke an die (göttliche) Kraft, die mich hier her geführt hat.

Und an die neuen Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind.